Das verfügbare Wasser ist knapp. Klimawandel, Bevölkerungszuwachs, industrielle Landwirtschaft und höherer Fleischkonsum verschärfen die Wassernot. Die Umsetzung des Menschenrechts auf Wasser ist eine Herausforderung.
Der Planet Erde sollte eigentlich Wasser heissen, denn 71 Prozent seiner Oberfläche besteht aus Wasser, ohne das es kein Leben gäbe. Nur 0.003 Prozent sind Süsswasser, davon ist knapp ein Drittel wirtschaftlich nutzbar.
Für den einzelnen Menschen stünden theoretisch 1400 bis 1700 m3 Wasser pro Jahr zur Verfügung. Doch das ist nicht so. In Teilen Afrikas und dem Nahen Osten steht physisch nicht genügend Wasser zur Verfügung, um den Bedarf aller Menschen zu decken.
Neben der physischen gibt es auch die wirtschaftliche Wasserarmut: Das Wasser ist zwar vorhanden, aber mangelnde Investitionen, ungenügendes Know-how und nicht angepasste Verwaltungsstrukturen führen dazu, dass die lokale Bevölkerung unter Wasserarmut leidet.
Mit dem Klimawandel wächst die Wassernot. Niederschläge gehen zurück, bleiben ganz aus oder sind so heftig, dass weite Landstriche überschwemmt werden. Gletscher, die als Sommerpuffer dienen, schmelzen. Dazu kommt, dass immer mehr Menschen immer mehr Wasser verbrauchen, weil der Wunsch nach wasserintensiven Agrar- und Industrieprodukten steigt. 70% des von Menschen genutzten Wassers wird weltweit für die Bewässerung von Landwirtschaftsprodukten verwendet, 22% für die Industrie und nur 8% für den Haushalt. Seit 1900 hat sich der menschliche Wasserkonsum versiebenfacht und die Global Commission on the Economics of Water schätzt, dass das weltweite Wasservorkommen bis 2030 zulasten der Umwelt und der lokalen Bevölkerung um 40 Prozent übernutzt wird.
Wenn die globalen Temperaturen, die Zahl der Menschen und die Komfortansprüche weiter steigen wie bisher, werden bis 2050 mehr als fünf Milliarden Menschen unter Wasserknappheit leiden. Entwicklungsländer werden am stärksten betroffen sein. Vor diesem Hintergrund hat die UNO im Jahr 2010 Wasser zum Menschenrecht erklärt. Damit dieses für alle Menschen Realität wird, braucht es in Zukunft noch grössere Anstrengungen der Weltgemeinschaft.
Das macht Helvetas
Wasser ist ein Menschenrecht
Menschen sterben an verschmutztem Wasser. Vergiftetes Wasser schädigt die Umwelt. Hungersnöte und Überschwemmungen, aber auch gewalttätige Wasserkonflikte machen Entwicklungsfortschritte zunichte. Deshalb hat die UNO im Jahr 2010 das Menschenrecht auf Wasser festgeschrieben.
Verschmutztes Wasser, fehlende Toiletten und mangelnde Hygiene machen Menschen in Entwicklungsländern krank und halten sie von der Arbeit ab. Das Fehlen von sicheren, geschlechtergetrennten Toiletten in Schulen führt dazu, dass viele Mädchen während ihrer Menstruation der Schule fernbleiben. Darunter leidet ihre Ausbildung.
Jedes Jahr sterben mehr als 500'000 Kinder weltweit wegen mangelnder Hygiene. Vergiftetes Wasser tötet das Leben in den Flüssen und macht weite Landstriche unbewohnbar. Es ist offensichtlich, dass die individuelle und die gesellschaftliche Entwicklung genug und «gesundes» Wasser braucht.
«Der Umgang mit dem Wasser ist entscheidend, wenn die Welt auf einen nachhaltigen Entwicklungspfad kommen soll.» Mit diesen Worten umschrieb UNO Generalsekretär Ban Ki-moon den Zusammenhang zwischen Wasser und Entwicklung. Erst auf Druck zahlreicher Entwicklungsländer und vieler NGOs hat die UNO-Generalversammlung 2010 das Menschenrecht auf Wasser ausgerufen.
Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit, dieses Menschenrecht auch für die Ärmsten zu gewährleisten. Entwicklungszusammenarbeit bedeutet, dass die Menschen Zugang zu sauberem Wasser erhalten und die vorhandenen Wasserressourcen vor Übernutzung und Verschmutzung geschützt werden. Dazu braucht es Engagement auf mehreren Ebenen: bei konkreten Wasser- und Sanitärprojekten, in der landwirtschaftlichen Bewässerung, bei der Schulung staatlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure im Hinblick auf eine gerechte Verteilung und nachhaltige Nutzung sowie beim Unterhalt der entsprechenden Infrastrukturen. Ausserdem braucht es die Entschlossenheit der Staatengemeinschaft, dem Recht auf Wasser auf allen Ebenen Priorität einzuräumen.
Virtuelles Wasser: Unser Wasser-Fussabdruck
In der Schweiz braucht jede Person für Kochen, Waschen, Toilettenspülung etc. durchschnittlich 160 Liter Wasser pro Tag. Das ist allerdings nur ein kleiner Teil des gesamten Wasserverbrauchs, denn in beinahe allen Gütern des täglichen Bedarfs steckt Wasser drin. So verstecken sich in einem Kilo Rindfleisch 16'000 Liter Wasser. 200'000 bis 400'000 Liter fallen bei der Produktion eines Autos für Stahl, Textilien und Gummi an. Wenn das so genannte virtuelle Wasser mitgerechnet wird, liegt der Verbrauch in der Schweiz bei 4200 Liter pro Person pro Tag. Davon stammen nur gerade 18 Prozent aus dem «Wasserschloss» Schweiz selber. Der Rest wird – versteckt in Konsum- und Investitionsgütern – importiert.
In den Gütern des täglichen Bedarfs ist viel Wasser versteckt. In Viehfutter und Obst genauso wie in Baumwolle und Kaffee. Die verbrauchte Menge dieses virtuellen Wassers bestimmt den «Wasser-Fussabdruck» einer Person oder eines Landes.
Dass wir virtuelles Wasser importieren, ist nicht in jedem Fall ein Problem. Es spielt eine grosse Rolle, wo und wie die importierten Produkte hergestellt wurden:
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So macht es einen grossen Unterschied, ob mein Bier mit einem Wasserfussabdruck von ungefähr 150 Litern im Schottland oder in Südafrika hergestellt wurde. In Schottland ist genug Wasser vorhanden, und mein Konsum eines schottischen Ales hat vernachlässigbare Auswirkungen auf andere Wassernutzer in Schottland. In Südafrika hingegen regnet es sehr selten. Mein Konsum von südafrikanischem Bier verschärft also die Wasserknappheit vor Ort mit negativen Konsequenzen für die lokalen Wasserreserven und die davon abhängigen Menschen und Ökosysteme.
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Kaffee und Tee stammen in der Regel aus Plantagen, die nur in Ausnahmefällen künstlich bewässert werden. Die Abwässer einer gut geführten Autofabrik werden meistens gereinigt an die Umwelt abgegeben. Der Import von Gütern aus Entwicklungsländern – vorzugsweise im Rahmen des fairen Handels – verhilft zu Arbeitsplätzen und Entwicklung. Anders ist es bei Gemüse und Fleisch aus hochtechnisierten Bewässerungsbetrieben, beim Abbau von Rohstoffen oder bei unökologischen Industriebetrieben. Kleine Subsistenzbauern verlieren ihre Wasserquellen an Grossbetriebe. Erzminen vergiften die Flüsse der Umgebung, und im Preiskampf sparen viele Industriebetriebe zuallererst beim Umweltschutz und lassen ihre Abwässer ungeklärt abfliessen. Mit dem Import von fragwürdigen Gütern tragen wir dazu bei, den Wasserkreislauf in den Herkunftsländern zu belasten.